Mama, Papa … können wir das bezahlen? Gemeinsam Krisen meistern und Ängste auffangen
Kinder fürchten sich vor vielem. Schulnoten, Mobbing, Krieg und ja: auch Armut gehören dazu. Auch wenn wir unsere Kinder vor den schlimmsten Nachrichten schützen möchten, hinterlassen sorglos hingeworfene Sätze ihre Spuren. Es sind nicht nur Worst-Case-Szenarien aus den Nachrichten, die bei den Kindern Ängste auslösen. Manchmal reichen unbedarfte Worte von Freunden oder Szenen aus einem Film. Erwerbslosigkeit, Energiekrise, Umweltnöte – all das schubst junge Menschen schneller in ein sorgenvolles Durcheinander, als wir gerne wahrhaben wollen. Wie bewahren wir unsere Kinder vor diesen Ängsten? Oder ist es besser, sie nicht auszuschließen aus unseren Krisen, sondern sie vielmehr einzubinden und im sicheren Umfeld aufzufangen?
Eltern sollten Ängste immer ernst nehmen
Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fürchtet sich jedes zweite Kind vor Armut. Die finanzielle Situation der Familie zeigt sich nicht nur zur Kindergeburtstagsfeier, beim Kleiderkauf für den Nachwuchs oder wenn die Urlaubsreise geplant wird. Erwachsene Gespräche beim Essen drehen sich häufig um Kostensteigerung oder Ärger am Arbeitsplatz. Der eigene Job muss noch nicht einmal gefährdet sein – Kinder interpretieren in Unterhaltungen über angespannte berufliche Themen ernste Krisen hinein. Das geschieht oft aus Unwissenheit. Wenn Eltern, Familienmitglieder oder Nachbarn über arbeitsrechtliche Grundsätze oder berufliche Interna sprechen, können Kinder die Schwere nicht ermessen und stellen Verbindungen her, die Ängste auslösen. Geldsorgen innerhalb der Familie erscheinen oftmals viel eklatanter als sie tatsächlich sind, wenn Eltern Wünsche der Kinder mit dem Argument »zu teuer« oder »das können wir uns nicht leisten« oder sogar »Ja, glaubst du, wir sind Millionär?«. Kinder lassen sich mit dem Hinweis auf finanzielle Nöte schneller ruhig stellen als mit jedem anderen Argument – sie können diesen Hinweis schlicht nicht einordnen. Statt also den Konflikt mit dem Kind auszutragen und reale Gründe anzuführen, setzen finanzielle Erklärungen das Kind schneller – und chancenlos – schachmatt.
Wenn sich der Alltag verändert
Anders sieht es aus, wenn die Familie tatsächlich armutsbetroffen ist oder sich auf den Verlust des Arbeitsplatzes einstellen muss. Eine drohende Kündigung des Arbeitsverhältnisses . In dieser Zeit müssen Eltern vieles regeln. Statt mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen und sie in dieser Zeit fürsorglich aufzufangen, verbringen die Bezugspersonen Stunden mit rechtlichen Fragen und suchen nach Auswegen aus dem Dilemma oder sprechen gar mit dem Bankberater. Von arbeitsrechtlichen Fragen bis zu drohenden Überziehungen des Kontos nimmt die neue Situation viel Zeit in Anspruch. Nicht jede Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist rechtens – befürchten Arbeitnehmer also eine unzulässige Kündigung oder besteht ein Anspruch auf Abfindung, kennen die wenigsten die rechtlichen Rahmenbedingungen. Was passiert jetzt, welche Rechte haben Arbeitnehmer und welche Schritte stehen an? Oftmals glauben Eltern, dass sie ihre Kinder vor der angespannten Stimmung im Haus bewahren – in der Regel ein Trugschluss. Auch wenn der Nachwuchs die Situation im Einzelnen nicht benennen kann und von sämtlichen Gesprächen ferngehalten wurde, spüren kleine sowie große Kinder die Sorgen ihrer Eltern. Manchmal sind es nur Nuancen in der Kommunikation oder im nonverbalen Alltag, die von den Kindern wahrgenommen werden.
Fazit
Auch in emotional anspruchsvollen Zeiten sollten Eltern ihre Kinder einbeziehen und sie mit ihren Ängsten ernst nehmen. Je nach Alter und Entwicklungsstand stärken offene Gespräche über Veränderungen das Vertrauen in die Stabilität der Familie – die wichtigste Konstante und das Beste, was Eltern den Sorgen entgegensetzen können.